Eine fatale Entwicklung

In Coronazeiten haben wir uns zerspalten in dogmatisch verfestigte Lager. Dann folgte der eine Krieg und jetzt auch noch ein zweiter, in denen unser Land indirekt Kriegspartei ist. Wir wissen, Krieg ist der Abgrund der Menschheit, nichts Schlimmeres kann passieren. Doch in ihrem mächtigen Schatten gedeihen Krise wie die Wohnungskrise in den Städten. Sich nicht mehr gegen sie aufzulehnen, nicht mehr brauchbare Lösungen aufzuzeigen, wäre der Ruin unserer viel beschworenen Demokratie.

Millionen von SozialmieterInnen Opfer des Marktes

Vielen erscheint die aktuelle Wohnkrise in den Städten unseres Landes, die schiere Unmöglichkeit für junge Leute, dort bezahlbaren Wohnraum zu finden, als Natur gegeben. Nein, das sind wie auch Kriege ein Menschenwerk. 1989, wenige Monate vor der sog. Wiedervereinigung Deutschlands wurde die Aufhebung der Wohngemeinnützigkeit beschlossen. Damit fielen ca. 4 Mio. Wohnungen von Wohnungsunternehmen, die dem Gemeinwohl verpflichtet waren, auf einen Schlag aus der Sozialbindung. SozialmieterInnen, die bis dahin noch glauben konnten, bis an ihr Lebensende in ihrer günstigen Sozialwohnungen leben zu können, wurden plötzlich dem sog. Wohnungsmarkt ausgesetzt. Die bösartige Ironie des Schicksals wollte es, dass fast alle dieser 4 Mio. Wohnungen anschließend von privaten Wohnungskonzernen wie LEG, Deutsche Wohnen und Vonovia aufgekauft und einem Regime unterworfen wurden, in dem knapp die Hälfte der Miete als Dividende an Aktionäre ausgezahlt wird. Diese knappe Hälfte der Miete fehlt seither bei der Instandhaltung der Wohnungen und beim bis auf ein Minimum reduzierten Service. Oder anders herum: Die Miete müßte jetzt fast doppelt so hoch sein, um genauso viel Aufwendungen für Instandhaltung und Service wie in Gemeinwohlzeiten zu gewährleisten. Allerdings führen die Zahlungen an Aktionäre sowieso schon zum permanenten Druck, die Mieten soweit wie möglich und auf allen denkbaren Wegen zu erhöhen. Dies bedeutet für die ehemaligen Sozialmieter – heute oft ältere Menschen – , dass vielfach schon mehr als die Hälfte der Einkünfte für die Miete verwendet werden muss. Ein Wahnsinn, der ein Verbrechen ist!

Eine fatale Entwicklung

Natürlich ist die Aufhebung der Wohngemeinnützigkeit nicht die einzige Ursache der gegenwärtigen Wohnungskrise. Die Finanzialisierung, die in Besitznahme einer Mehrzahl von Wohnhäusern für die Erzielung optimaler Rendite, macht zwar die Milliardäre der Welt noch reicher. Aber für die allermeisten Lohnabhängigen – und vor allem für ihre Kinder – heißt das, dass Wohneigentum nicht mehr in Frage kommt und der Anteil des Einkommens für die Miete von Jahr zu Jahr höher wird. Diese Entwicklung mag für viele heute noch erträglich sein.

Aber wie lange noch ...